Giovanni Girolamo Kapsperger (ca. 1580 – 1651)

Johannes Hieronymus (italienisiert Giovanni Girolamo) Kapsperger wurde um 1580 wurde in Venedig geboren und wirkte dort als Komponist und Virtuose auf Laute, Gitarre und Chitarrone, auch Theorbe genannt. Über seine Jugend weiß man nur, dass er famose Fähigkeiten auf der bis dahin nur als Continuo-Instrument gebräuchlichen Chitarrone besaß. Von 1606 an lebte Kapsperger in Rom und verkehrte in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen, u. a. in der "Accademia degli Umoristi" und der "Accademia degli Imperfetti". Bis 1646 blieb Kapsperger im Dienst des Kardinals Barberini.

Seine Messen wurden unter anderem in der Sixtinischen Kapelle aufgeführt. Kapsperger komponierte neben Vokalmusik und Bühnenwerken auch Instrumentalmusik. Die Laute und der Chitarrone waren seine Hauptinstrumente, denen er zahlreiche Solowerke widmete, zusammengefasst in den Libri d’intavolature. Erhalten davon sind das Libro primo di lauto, das Libro primo di chitarone (Venedig, 1604), das Libro terzo di chitarone und das Libro quarto di chitarone - mit vielen Toccaten und Tanzsätzen, wie Gagliarden und Correnten.

Typische Merkmale sind z. B. Arpeggi, Skalen und unübliche rhythmische Gruppierungen. Als einer der ersten verschaffte Kapsperger mit seinen Kompositionen der Chitarrone die Möglichkeit, sich als Soloinstrument zu etablieren, da das Instrument bis dahin nur als Generalbassinstrument in Gebrauch war. Das Saiteninstrument wurde neben der allgemeinen Continuogruppe auch für ornamentierte Passagen und vor allem als Begleitinstrument des Sologesangs im damals neuen rezitativen Stil eingesetzt.

Als Abkömmling der griechischen Kithara begleitete man mit dem Chitarrone mythologische Figuren wie z.B. Orfeo.Kapsperger, der 1651 starb, hinterließ ein alle barocken Gattungen umfassendes Werkverzeichnis, das auch viele zu seinen Lebzeiten oft gesungene und heute nahezu in Vergessenheit geratene Vokalwerke enthält. Der Universalgelehrte Athanasius Kirchner, ein Jesuit des 17. Jahrhunderts, ist voll des Lobes: „Dieser ist es auch, dem die Nachwelt jene musikalischen Feinheiten verdankt, welche man gemeinhin strascinos, mordentias und grupos nennt, die von Lautenspielern auf der Theorbe [...] gewöhnlich herangezogen werden. Dieser führte [dort] sowohl die wahre Art des Spiels, als auch die Tabulatur [...] ein."


Aria di Fiorenza

aus Libro Primo d'Intavolatura di Chitarrone (Venezia 1604)

Einrichtung für Alt- oder Diskantzither

Das Stück Aria di Fiorenza mit seinen neun Partiten ist Kapspergers Druck "Libro primo d'Intavolatura di Chitarrone" entnommen. Gedruckt wurde es im Jahr 1604 von Giacomo Antonio Pfender in Venedig. Die Sammlung enthält auf 56 Notendruckseiten sechs Toccaten, sieben Variationszyklen, zwölf Gagliarden und das Stück Tenore del Kapsperger.

Es ist der erste erhaltene Druck des damals knapp 25-jährigen Komponisten, das erste von vier Büchern mit Kompositionen für Chitarrone. Herausragend ist die Sammlung deshalb, da es den ersten erhalten gebliebenen Druck für Chitarrone solo überhaupt darstellt.

Für die Einrichtung wurde die damals übliche Stimmung in A zu Grunde gelegt. Als klangaffines Instrument für die Übertragung des tief und sonor klingenden Chitarrone eignet sich am besten die Altzither. Da diese ein transponierendes Instrument ist, wurde das gesamte Werk um eine Quarte nach oben transponiert. Damit erklingt die Aria Fiorenza in der Originaltonart. Das Werk liegt so spieltechnisch ideal für die Zither, da sowohl die tiefen Basstöne des Stückes in der Regel ohne Oktavierung gespielt als auch schnelle Bassläufe gegebenenfalls auf das Griffbrett gelegt werden können (natürlich kann das Werk ebenso auf der Diskantzither gespielt werden). Das von Kapsperger verwendete Zeichen ./. für das Arpeggieren von Akkorden wurde übernommen.

Kapsperger selbst gibt einen Hinweis zur Ausführung: Man arpeggiert, „indem man die von jenem Stoß getrennten Saiten berührt, mit dem Spielen der letzten Saite zuerst und des Restes dann [...], wobei aber darauf hinzuweisen ist, dass es schwer ist zu arpeggieren mit weniger als vier Saiten. Zur Ausführung des trillo (tr) schreibt Kapsperger nur, dass dieser auf einer Saite auszuführen ist. Am Ende eines jeden Satzes (Takt 16) steht eine senkrechte gestrichelte Linie im Notentext. Dies wird als petite reprise, eine Möglichkeit zur kleinen Wiederholung der vier Schlusstakte, interpretiert. In der Partita 7 schreibt Kapsperger Zweiunddreißigstelnoten, allerdings nur 24 auf vier Viertelschläge. Diese sind folglich als vier Sextolen zu spielen. Jonathan Fiegl


Folia (Partita I - XIX)

Unter dem Begriff Folia versteht man seit dem 16. Jahrhundert ein gleichbleibendes harmonisches Schema, das während der folgenden Jahrhunderte in vielen Tänzen, Liedern und Instrumentalvariationen eingesetzt wurde. Die Folia war in ganz Europa verbreitet. Die hier vorliegende Folia mit ihren XIX Partiten aus dem Libro primo d’intavolatura di chitarone ist in der italienischen Tabulatur aufgezeichnet.